Erster Volkstrauertag in Gingst
Den ersten Volkstrauertag beging Gingst am Sonntag, den 19. November 2023 an der neuen Gedenkstätte am Markt. Trotz strömendem Regen fanden sich etwa 20 Bürgerinnen und Bürger ein, um aller Opfer von Krieg und Gewalt zu gedenken, und zur Versöhnung, Verständigung und Frieden in der Welt aufzurufen. Gemeinsam mit der Bürgermeisterin verlasen die beiden Schülerinnen Jette Hornfeldt und Vivien Kuka das offizielle Totengedenken und legten anschließend einen Kranz nieder. Der feierliche Rahmen wurde durch zwei Trompetensoli von André M. Hardt untermalt.
Am Nachmittag wurde allen Opfern von Krieg, Gewalt und Hass zum Volkstrauertag mit einem Gottesdienst um 14:00 Uhr in der St. Jacobi-Kirche Gingst gedacht. Pastor Warneke hielt in seiner Predigt einen Rückblick zum Volkstrauertag und erinnerte an die Folgen der Kriege und Bürgerkriege unserer Tage und an die Opfer von Terrorismus und politischer Verfolgung.
Im Anschluss wurde bei strömenden Regen vor dem Ehrenmal die Gedenkfeier mit ca. 50 Gästen zum Abschluss gebracht. Die Begrüßung der Anwesenden erfolgte durch Jürgen Pahnke, den Vorsitzenden des Fördervereins Kriegerdenkmal Gingst e.V..
Zur Einstimmung las Dagmar Opolski ein Gedicht für den Frieden vor. Gerd Bednarski verlas das Totengedenken.
Es folgte eine Schweigeminute. Die Kranzniederlegung führte der Förderverein und die Traditionsträger des Infanterie-Regiments Nr. 42 durch. Alle Gäste hatten die Gelegenheit Kränze und Blumen abzulegen. Andre Hardt spielte der Gute Kamerad.
Geschichtliches: Auf Vorschlag des Volksbunds Dt. Kriegsgräberfürsorge (VDK) wurde ab dem Jahre 1919 nach und nach ein offizieller Gedenktag für die gefallenen deutschen Soldaten des 1. Weltkriegs eingeführt. Als stets umkämpftes Thema in Politik und Kirche war er im Zuge der deutschen Geschichte wechselnden politischen Absichten unterworfen. Überwog in der Weimarer Zeit noch die Mahnung zum Frieden, so stand in der Nazi-Zeit nicht mehr das Gedenken an die Opfer, sondern die Heldenverehrung an erster Stelle. Damit sollte die Bevölkerung auf den geplanten Krieg eingestimmt werden.
In der DDR führte man 1952 den Internationalen Gedenktag für die Opfer des faschistischen Terrors und Kampftag gegen Faschismus und imperialistischen Krieg ein, welcher noch bis 1990 immer im September begangen wurde. Die Erinnerungskultur wurde durch die zentrale Rolle der SED jedoch teilweise politisch überlagert, indem man das Gedenken für Kritik am Westen instrumentalisierte.
Seit der Wiedervereinigung ist der Volkstrauertag bundesweit staatlicher Feiertag und wird vom VDK unter der Schirmherrschaft des Bundespräsidenten im November veranstaltet und begleitet. Der Tag versteht sich heute auch als Aufruf zu friedlichem Zusammenleben und zum Eintreten für unsere freiheitliche Demokratie.
Das Kriegerdenkmal in Gingst wurde im Jahre 1974 abgerissen und im Jahre 2023 vom Förderverein Kriegerdenkmal Gingst e.V. wiedererrichtet.