2. Picht-Tage in Gingst 14.6. - 22.6.24

(Kommentare: 0)

Anlässlich der Abschaffung der Leibeigenschaft vor 250 Jahren lud die Evangelische Kirchengemeinde Gingst zu verschiedenen Veranstaltungen ein.

Die Aufhebung der Leibeigenschaft: Ein Meilenstein in der Geschichte von Gingst. Die Gemeinde Gingst war Vorreiter in der Abschaffung der Leibeigenschaft, lange bevor sie in anderen Teilen der Insel Rügen aufgehoben wurde. Der Gingster Pastor und Sozialreformer Johann Gottlieb Picht spielte dabei eine maßgebliche Rolle. Geboren im November 1736 in Neumarkt (Merseburg), setzte er sich mit großem Einsatz für die Freiheit der Bewohner von Gingst ein. Durch sein Engagement bei der schwedischen Regierung erreichte Picht im Jahr 1773 die Befreiung der Gutsuntertanen der Präpositur, was die Hälfte des Dorfes umfasste, aus der Leibeigenschaft. Er etablierte Handwerksämter, förderte die berufliche Ausbildung und schuf somit neue Perspektiven für die befreiten Einwohner. Insbesondere die Damastweberei wurde zu einer wichtigen Einnahmequelle. Picht reformierte zudem die Schule in Gingst und investierte in die Kirche, indem er einen neuen Altar und eine neue Orgel beschaffte, da beim großen Brand (24.6.1726- Johannestage) die Kirche total ausbrannte.

Sein Wirken prägte die Gemeinde nachhaltig und sein Grabstein auf dem Kirchhof in Gingst erinnert bis heute an sein bedeutendes Erbe.

Hinterlandbühne Rügen.

https://hinterlandbuehne-ruegen.de/picht-und-die-freiheit-in-gingst/

An 9 Stationen, in und um die Kirche sowie dem Kantorhaus, wurde der Lebensweg des Pastors Johann Gottlieb Pichts eindrucksvoll, interessant und kurzweilig nachgestellt. Sogar drei direkte Nachfahren des Pastors Picht nahmen an der Veranstaltung teil und waren von der Darbietung begeistert.

In einer Szene spielte die Mordwange an der Ostseite der St. Jacobikirche die Hauptrolle. Im Jahre 1537 kam der erste evangelische Pfarrer nach Gingst und wurde 15 Jahre später ermordet. Pastor Laurentius Krintze wurde auf dem Friedhof der Kirche während des Jahrmarktes von einem Edelmann aus Silenz mit einer Kanne erschlagen. Er lag mit Krintze wegen rückständiger Zahlungen an die Kirche im Streit. Als Mahnung wurde eine Mordwange aufgestellt. Der Ort verlor dadurch im Jahr 1554 für fast zweihundert Jahre die Berechtigung Jahrmärkte durchzuführen. Dies brachte Gingst damals erhebliche Einbußen.

Eine biografische Einführung in das Werk des Gingster Komponisten Joachim Nicolas Eggert hielt Almuth Mittelbach vor 50 Gästen im Kantorhaus. Das anschl. Konzert des Streichquartetts Furiant aus Berlin war fulminant.

Der schwedische Komponist Joachim Nicolas Eggert wurde am 22. Februar 1779 in Gingst geboren und verbrachte den Großteil seines Lebens in Schweden. Seine Musikstücke sind für ihre emotionale Tiefe und technische Raffinesse bekannt. Eggert war nicht nur ein Meister der Komposition, sondern auch ein geschickter Dirigent, der das Publikum mit seinen Aufführungen begeisterte. Sein Einfluss auf die schwedische Musikszene war unbestreitbar und seine Werke werden auch heute noch weltweit geschätzt. Joachim Nicolas Eggert hinterlässt ein Erbe, das die Generationen überdauern wird.

Ein Gottesdienst in der St.Jacobi-Kirche mit anschließendem Orgelkonzert aus dem Repertoire von J.N. Eggert mit dem schwedischen Organisten Bernt Malmros fügte sich in die Veranstaltungsreihe ein.

Ein großer Dank an die Initiatoren der Picht-Tage geht an Frau Dr. Sybille Berger und Herr Prof. Dr. Christian. A. Schmidt und allen Helfern für das eindrückliche Ereignis. Dank auch an Pastor Gerber und dem Intendanten der Hinterlandbühne Boris Hruschka für ihr Engagement sowie allen Mitwirkenden.

Gedicht

 

Gingst von W.Cornelius (*1809- Sterbejahr ist unbekannt, da ausgewandert)

„Gingst du, Wanderfreund, nach Rügen

gingst du auch gewiss nach Gingst,

wo vielleicht an blonder Mädchen

veilchenblauem Aug du hingst.

Einem Mann halt ich vor allem

dankbar im Gedächtnis fest,

denn er gab im Rügenlande

der Leibeigenschaft den Rest.

Wer die Veilchenaugen findet,

findet auch den braven Mann,

und nun sinnt ihr auf den Namen

so vermut ich, höchst erpicht

und er steht euch vor der Nase

und drum nenn ich ihn euch nicht.“